Interview mit Rene Hupe
Hallo René. Erst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview nimmst! Bevor es richtig zur Sache geht, aber schnell noch ein paar grundlegende Dinge: Du darfst gerne etwas bei den Antworten lügen, allerdings nur unter der Bedingung, dass deine Antworten dadurch unglaublich viel interessanter, lustiger und generell "besser" werden! Auf überhaupt gar keinen Fall darfst du lügen, damit es für dich weniger peinlich ist, oder du dadurch besser dastehst! Und denk dran, wir sind das Internet - wir wissen ALLES. Ansonsten ist es sicherlich noch angebracht eine kurze Warnung anzubringen: Es kann passieren, dass einige Fragen überhaupt gar nichts mit Angeln zu tun haben, da der Mensch hinter den Ruten eigentlich immer interessanter ist, als das dusselige Fische fangen - das kann ja schließlich jeder, oder? Dir ist natürlich auch klar, dass das Internet nicht vergisst und jeder lesen kann, was du hier schreibst.
Also: Bist du bereit dich meinen Fragen zu stellen?
Beginnen wir doch ganz klassisch und harmlos, denn auch wenn du sehr bekannt in der Welt der Karpfenangler bist, gibt es bestimmt einige User die dich nicht kennen. Also: Wer ist überhaupt René Hupe? Und wie bist du zum Karpfenangeln gekommen?
Na dann will ich mal und sage erstmal hallo und vielen Dank für die Einladung zu diesem Gespräch – ich hoffe, ich werde es nicht bereuen, denn das Internet kann wahrlich Fluch und Segen zugleich sein, wie du ja selber weißt.
Obwohl ich mich selbst noch ziemlich genau an meine ersten Kontakte mit dem Angeln und ganz besonders an meine allerersten Karpfenbegegnung (im zarten Alter von 12 Jahren) erinnern kann, hab ich im letzten Jahr doch bereits meinen 40. Geburtstag gefeiert – und zwar äußerst stilgerecht: mit guten Freunden im Angelgeschäft (meinem Arbeitsplatz).
Ich bin in Westberlin aufgewachsen und hatte das große Glück, schon als zehnjähriger Steppke an einem kleinen Parkteich mit den Kindern der dort stationierten US-Militär-Polizei völlig unbehelligt meine ersten anglerischen Gehversuche starten zu können: Zugucken, lernen und ausprobieren, war die Devise und ich hatte einen Heidenspaß mit meinen ersten selbst gefangenen Moderlieschen an der Bambusstippe.
Eines Tages tauchte dann ein älterer Jugendlicher am Teich auf und fing einen Fisch, der alles bisher Gesehene in den Schatten stellte: ein Karpfen – von etwa 3 Pfund!
Mein Klassenkamerad, der an diesem Tag zufällig mit mir unterwegs war, schaffte es dann nach zehnminütiger Laberfolter tatsächlich, diesem Angler seine Beute sprichwörtlich abzuquatschen, um sie seiner Mutter zum Mittagessen mitzubringen, aber die Reaktionen daheim waren alles andere, als erwartet: der Fisch landete kurzerhand im Müll! Ein Umstand der mir sehr nahe ging und meine Einstellung zum Angeln offenbar schon sehr früh entscheidend geprägt hat.
Die Fische bzw. die Angelei haben uns Kindern (sprichwörtlich nationenübergreifend) so viel Freude bereitet und tolle Stunden in der Natur beschert – aber Nahrungserwerb war wohl nie wieder ein entscheidendes Thema für mich.
Meine spätere Oberschule lag dann zufälliger Weise unweit des Teltowkanals und ich verbrachte einen Großteil meiner Freizeit (auch in den Doppel-Freistunden) an den Ufern dieses Gewässers, um den Anglern dort über die Schultern zu schauen und mit knapp 14 Jahren schließlich nach langem Betteln und gegen den Rat meiner älteren Schwester, stolz meinen eigenen Fischereischein in den Händen zu halten.
Niemand aus meiner Familie oder unserem Bekanntenkreis angelte damals – doch mein Wunsch danach wurde dadurch nur umso größer und bereits nach einem Jahr fing ich zufällig meinen ersten Dreißiger im Kanal! Zum allerersten Mal gab es tatsächlich einen Fisch, den man nicht einfach nur herauskurbeln konnte, sondern der mir selber mehrfach Meter um Meter Schnur von der Rolle riss und mir einen wirklich spektakulären Drill lieferte - sofern es ihm mit seinen 34cm eben möglich war ;-)
Trotzdem hat mich das Karpfenfieber vermutlich an genau diesem Tag erwischt und bis heute nicht mehr losgelassen. In dieser schönen Zeit reifte auch schon mein innigster Wunsch, später einmal mit dem Angeln meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Meine eigene Tochter wird in diesen Tagen gerade 15 Jahre alt und auch wenn ich sie nur noch gelegentlich zum Angeln animieren kann, hat sie doch bereits die Angelprüfung bestanden, einen gültigen Fischereischein und zieht mich mittlerweile regelmäßig beim Barschangeln auf dem Wannsee ab, ha, ha.
Hand auf's Herz, wie viel Zeit bleibt neben deinem Laden, den Vorträgen, deinem Projekt www.karpfen-fangstatistik.de und deiner Angelei noch für das Privatleben, sprich Familie, Freunde, usw.?
Wenig – und doch so Wertvolle! Ein Chinesisches Sprichwort sagt: „Such dir einen Job, der dir Spaß macht und du wirst nie wieder zur Arbeit gehen müssen!“. Sicher musste ich in den fast 20 Jahren, in denen ich jetzt als „Tackledealer“ arbeite, viele Opfer bringen und habe meine Familie bestimmt weniger um mich herum gehabt, als es mit einem „normalen Bürojob“ möglich gewesen wäre – ohne das jetzt abwerten zu wollen. Aber es war schon immer mein innigster Wunsch das zu machen, was ich mache und ich bin froh, dass meine Familie das immer akzeptiert und unterstützt hat. Für Freunde bleibt da natürlich nicht wirklich viel Zeit - aber mal ganz im Vertrauen: richtig, richtig gute Freunde kannst du doch locker an der Menge deiner Arme und Beine abzählen, wobei da wahrscheinlich sogar noch was übrig bleibt…
Diese Zeit nehme ich mir dann aber auch gerne, denn Familie und echte Freunde sind das Allerwichtigste!
Stell doch für diejenigen die es noch nicht kennen, die Karpfen-Fangstatistik kurz vor. Also was ist die Idee hinter dem Projekt, wer betreibt es und warum?
Gern. Der Hintergrund ist recht simpel und schnell erklärt. Mich interessiert seit jeher, wieso, weshalb, warum ein Fisch gebissen hat – also ein Angeltag erfolgreich war, oder eben nicht.
Frag einen beliebigen Angler mal WO er einen kapitalen Fisch gefangen und du wirst eine Million Geschichten zu hören bekommen – nur halt nicht die blanke Wahrheit.
Frag einen Angler dagegen WIE und unter welchen Umständen (z.B. Wetterbedingungen, Angeltiefe, Wassertemperatur usw.) er seinen Fisch gefangen hat und er wird keinen Grund haben, dir diese Informationen nicht zu geben. Frag alles, nur niemals nach dem Gewässer oder einer Angelstelle – das gehört sich einfach nicht, aber das braucht man auch gar nicht!
Wenn ich jetzt etwa eine Analyse machen möchte, unter welchen äußeren Bedingungen Karpfen besonders aktiv und gut zu fangen sind und nehme dafür nur meine eigenen, wenigen Fänge her, so geht die Aussagekraft nahezu gegen Null, weil es einfach viel zu viele mögliche Einflussfaktoren gibt – nimmt man aber die echten Daten von Hunderten oder Tausenden Karpfenfängen deutschlandweit, so steigt die tatsächliche Aussagekraft rapide an!
Der Clou ist, dass jeder Angler, der beim Fangstatistik-Projekt mitmacht, dabei selbst völlig anonym bleibt und niemals nach seinem Gewässer gefragt wird, aber gleichzeitig Zugriff auf die Auswertung aller zur Verfügung stehenden Fangdaten hat – und das in Zukunft sogar auf eine einmalige interaktive Art und Weise!
Man kann z.B. ausschließlich alle Schuppenkarpfenfänge auswerten, um zu sehen, welches Beißwetter oder Ködergröße sie bevorzugen. Oder, ob bei Vollmond besser im Flachen oder im Tiefen gefangen wird. Oder, ob und wann Innenkurven an Fließgewässern produktiver sind, als Außenkurven. Oder wie sich der Luftdruck, das Wetter, die Wassertemperatur, die Futtermenge usw., usw. auswirken. Die Möglichkeiten der späteren Auswertung sind nahezu unbegrenzt und die aufgezeigten Tendenzen durch die Vielzahl der zugrunde liegenden Fänge äußerst aussagefähig. Dazu lassen sich sowohl die Gattungen, als auch die Fischgrößen natürlich ganz gezielt filtern, um z.B. Verfälschungen durch sich eher nicht arttypisch verhaltene Jung- u. Besatzfische wirkungsvoll auszuschließen.
Die Fänge selbst eines überdurchschnittlich erfolgreichen Anglers können niemals die Aussagekraft einer großen (Daten-)Gemeinschaft erreichen – allein im ersten Entwicklungsjahr sind hier schon über 600 Karpfenfänge zusammengekommen, die die Grundlage dieses äußerst spannenden Projektes bilden!
Jeder, der mich kennt, weiß, dass es mir einfach große Freude macht, mein Wissen an andere weiter zu geben und gemeinsam mit anderen das Verhalten der Karpfen grundsätzlich besser zu verstehen und Fänge nicht einfach nur „auszusitzen“.
Alle Infos zum Fangstatistik-Projekt findet ihr auf der erwähnten und übrigens völlig werbe- und Popup-freien Homepage, die ich selber betreibe und als Info- u. Downloadplattform für die Fangstatistik-Dateien und späteren Auswertungen eingerichtet habe.
Wer neugierig geworden ist, kann sich dort neben ausführlichen Informationen zum Projekt z.B. auch gerne mal eine kleine Zwischenauswertung der ersten 500 Karpfenfänge anschauen - das vorübergehende Zugangspasswort bis zum 15. Juni 2011 lautet „ProjektQ“.
Wie oft wird dir unterstellt, dass du das Projekt nur auf die Beine gestellt hast, um uns alle auszuspionieren und die besten Fangplätze zu kennen?
Ha, ha, schön, dass du noch mal gezielt nachfragst, obwohl ich eben bereits darauf eingegangen bin.
Wenn du dir meine vorherige Antwort also noch einmal in Ruhe durchliest, wirst du feststellen, dass genau DAS von mir selbst von vornherein kategorisch ausgeschlossen wurde, da dieses Projekt ansonsten ja gar nicht realisierbar wäre! Wer also so naiv ist, zu glauben, dass man aufgrund seiner Angaben auf (s)eine konkrete Angelstelle schließen könnte, der hat das ganze Projekt nicht ansatzweise verstanden und sollte besser im Internet weiter nach den fängigsten Wunderkugeln recherchieren…
Wenn du für einen Tag Superkräfte haben könntest, welche Superkraft hättest du am liebsten? Und natürlich warum überhaupt?
Nehmt ihr Drogen – was ist das für eine Frage? Also wenn man mal den „Ich-rette-die-Welt-Schmalz“ weglässt, dann wäre es sicher „fliegen“. Ich habe das große Glück, das schon einige Male im Traum erleben zu dürfen und wäre da sicher nicht abgeneigt – evtl. würde ich gleich noch meine Montagen an ein paar ausgewählten Spots fallen lassen, die sonst unerreichbar für mich sind, ha, ha!
Wie siehst du das Verhalten mancher sog. Teamangler bzw. gesponserter Angler, die getreu dem Motto „was interessiert mich mein Gewäsch von gestern“ munter alle paar Wochen den Sponsor wechseln - oftmals verbunden mit großem Trara? Welches Licht wirft dieses (in meinen Augen sehr) unprofessionelle Handeln, wie besonders der öffentliche Rosenkrieg, auf die deutsche Karpfenangler-Szene?
Das ist ein echt heikles Thema. Grundsätzlich soll jeder tun, was ihm gefällt oder was er für richtig hält – sofern er anderen damit nicht schadet! Im letzten Teil dieser Aussage liegt allerdings das Problem. Wenn ein Teamangler ständig von einer zur anderen Firma wechselt, so darf er sich halt nicht wundern, wenn das in gewisser weise „Tratsch“ nach sich zieht. Insbesondere in der heute extrem schnelllebigen Zeit – Internet, Facebook und Twitter sei Dank…
Ist doch logisch, dass die Glaubwürdigkeit irgendwann leidet, wenn jemand ständig seinen Sponsor wechselt. Als Arbeitgeber mit langfristigen Plänen würde jetzt auch nicht unbedingt jemanden einstellen wollen, der vorher schon 12 Mal in kurzer Zeit seinen Job gewechselt hat…
Ob Jemand für „drei Säcke Boilies“ seinen eigenen Namen hergibt, muss und kann er sicher nur selbst entscheiden – aber das Teamangler-/Mitarbeiterdispute beinahe öffentlich ausgetragen werden – darüber hinaus sogar mit internen Informationen versehen und im unglücklichsten Fall sogar direkt über die Firmen-Hompage in die Welt getragen werden, finde ich persönlich äußerst unangemessen und im übrigen auch absolut kontraproduktiv. Solche Aktionen geschehen zwar häufig im Eifer des Gefechts, können aber nachhaltigen Schaden anrichten – in beide Richtungen…
Wo wir überhaupt gerade von Sponsoren reden: Wirst du von einer oder mehreren Firmen unterstützt? Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und wie ist dein Verhältnis zu der Firma. Oder falls du nicht gesponsert wirst, warum nicht?!?
seit meinem allerersten Heftbeitrag in der „Karpfenszene“, vor vielen Jahren, bis zum heutigen Tage, habe ich sämtliche Sponsorenangebote ganz bewusst ausgeschlagen, weil totale Unabhängigkeit bei all meinen Veröffentlichungen – egal ob in den Printmedien oder auf Messen, für mich an oberster Stelle steht. Ich genieße dadurch den großen Luxus, dass ich alles was ich mache nur deshalb mache, weil ich wirklich Lust darauf habe und nicht, weil mir irgendwer irgendwas vorschreibt, oder ich regelmäßig was abliefern muss.
Das hört sich äußerst simpel an, ist aber tatsächlicher nur der gerechte Lohn für jahrelange Konsequenz, auch wenn manches Firmenangebot sicher sehr verlockend klingt.
Mit dem Einsatz, den ich beruflich seit Jahren investiere, könnte ich meine Familie sicher auch auf viele andere Arten ernähren – aber mir macht das, was ich mache und wie ich es mache, unterm Strich doch großen Spaß.
Sicher wünscht sich mein Arbeitgeber regelmäßig, dass ich persönlich etwas konkrete Promotion machen würde – handelt es sich doch, nebenbei bemerkt, um Europas Marktführer im Angelsport-Einzelhandel (so dass muss reichen ;-) für den ich seit mittlerweile mehr als 15 Jahren tätig bin – aber meine persönliche Neutralität bei Publikationen steht über allem, weil ich es eben so will.
Was hast du dir als letztes fürs Angeln gekauft? Gute Gelegenheit übrigens für Werbung! Wer weiß - eventuell sucht da draußen ja noch eine Tacklefirma nach jemandem, dem sie unglaublich viel Geld geben wollen, dafür dass du jetzt doch gleich mehrmals ihre Produkte in einem Satz erwähnst!
Tja, da tut es mir jetzt für die klassischen Angelfirmen etwas leid, denn ich hab mir tatsächlich erst vor ein paar Tagen selber etwas vorzeitig zum Geburtstag gekauft, worauf ich allerdings schon etwa 4 Jahre sehnsüchtig gewartet habe. Und wenn ich von etwas wirklich überzeugt bin, dann habe ich auch kein Problem damit, das Kind öffentlich beim Namen zu nennen, genau wie wenn mir mal etwas missfällt.
Es handelt sich um eine digitale Spiegelreflexkamera mit voll schwenkbarem Monitor und Full HD Videofunktion – die Nikon D5100.
Wie du ja weißt, mache ich viel mit meinen Bildern, für Beiträge, Messen usw. aber nach mehr als 14.000 Pics. mit meiner alten Kamera gibt es nun endlich ein Teil mit dem ich auch meine alten Objektive nutzen und auch mal spontan die ein oder andere Videosequenz am Wasser umsetzen kann, ohne extra eine separate Videokamera dafür aufbauen zu müssen.
Welcher Gegenstand in deiner Angelausrüstung den du nicht wieder hergeben möchtest, ist eigentlich total überflüssig und reiner Luxus oder pure Nostalgie? Oder sind alle Ausrüstungsgegenstände absolut notwendig, effizient und wichtig?
Überflüssige Dinge fallen mir spontan nicht wirklich ein. Ich bin kein Langzeitansitzer und habe mein Tackle deshalb schon seit Jahren auf das Nötigste reduziert, wozu allerdings z.B. auch immer ein Stativ zählt, weil ich halt sehr viel und oftmals sogar direkt im Wasser fotografiere.
Wenn ich vom Boot auf Karpfen angele, habe ich immer auch mein Netbook samt Surfstick dabei, was sicher nicht überlebenswichtig, aber z.B. für Liveberichte im Netz (zuletzt z.B. hier: http://karpfen-spezial.de/thread.php?threadid=64580 ) oder ein Wetterupdate bei längeren Touren, sehr nützlich ist.
Glaubst du was so alles im Internet steht? Und bei welchen Themen lügst du im Internet? Fangplätze, Fischgewichte, geheime Wunderzutaten?
Ich glaube natürlich alles, was im Internet steht. Und dass Fische sterben, wenn sie einmal am Haken waren. Und dass Onanieren blind macht. Und dass die Erde eine Scheibe ist. Und an den Weihn…
Lügen im Internet? Warum? Sicher drücke ich nicht jedem dahergelaufenen Schiffsschaukelbremser meine zugegeben wenigen halbwegs erfolgreichen Angelstellen auf´s Auge – egal ob nun beim Karpfen- oder Barschangeln - aber warum sollte man deshalb bewusst lügen? Nein, als gelernter Verkäufer hat man nach so vielen Jahren andere Möglichkeiten, so was elegant zu umschiffen, um bei dem Wortspiel zu bleiben.
Mein Vater war 40 Jahre bei der Kripo, mein Bruder ist Wirtschaftsprüfer – lügen ist einfach nicht so mein Ding. Wenn mich aber z.B. jemand fragt, wo ich angle, dann lautet die konkrete Antwort etwa „in der Havel“ – dass es sich bei dem Begriff um rund 350km (!) Wasserstrecke handelt, die durch mehrere Bundesländer führt und vom lauschigen Rinnsal, über einen mehrere Hundert Meter breiten, seeähnlichen Charakter, bis hin zu einem fast reißenden Strom variieren kann, muss, wird und soll der Gesprächspartner gefälligst selber herausfinden – dafür bedarf es doch aber keiner bewussten Lüge!
Bei Fangfotos wähl ich natürlich auch bevorzugt das Bild aus, wo der Fisch „angemessen rüberkommt“ und nicht etwa das Erstbeste.
Rekord-Fische wie Mary oder der Scarred Mirror: Traum oder Alptraum?
Die Gewässerstruktur in Ostdeutschland sollte und kann man nicht wirklich mit den Umständen und dem teilweise enormen Befischungsdruck im Rest der Republik vergleichen. Es lässt sich leicht behaupten, dass man solche „Marken- oder Zielfische“ nicht braucht oder beangelt, wenn man selbst die herrlichste Natur und die schönsten Gewässer direkt vor der Tür hat und dabei womöglich sogar nur selten einem anderen Karpfenangler begegnet – würde ich aber in West- oder Süddeutschland an einem bekannten Baggersee wohnen und/oder fischen, wäre ich vermutlich auch nicht böse, wenn eines Tages der Größte des Sees beißt.
Persönlich war ich aber nie auf weiter Fahrt, um gezielt die Großen zu jagen (die andere schon auf der Matte hatten…), sondern mich hat es immer gereizt, dass beste aus den mir vor Ort zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu machen und ich bin dabei immer auch ein wenig auf der Suche nach Abenteuer – sofern das in einer Großstadt wie Berlin überhaupt möglich ist.
Gibt es einen Fisch oder eine bestimmte Fischart die du unbedingt einmal fangen möchtest? Wie weit würdest du gehen um diesen Fisch zu fangen?
Ich versuche seit mehren Jahren vergeblich einen (beliebigen) 40er Schuppie in meinem Hausgewässer zu fangen (übrigens „die Havel“, ha, ha) und mein Traum wäre irgendwann einmal ein makelloser Vollzeiler – ohne dass ich aber gezielt dafür an ein Gewässer fahren würde, um vielleicht einen bekannten Fisch zu beangeln.
Fürs Alter habe ich auch einen Traum: Kubas schneeweißer Strand, kristallklares Wasser, leuchtendblauer Himmel und die Jagd auf den kampfstarken Bonefish.
Wer oder was könnte dir am ehesten helfen diesen Fisch zu fangen: Chris Yates, Kevin Maddocks, Spiderman, wahlweise ein bekannter deutscher Angler nach deiner Wahl oder eine anderer Superheld? Oder die guten alten Wundermittel Futter, Ruhe und Zeit?
He, he, he… Im Falle des Zeilers wäre z.B. Andy Scherf mein Ansprechpartner – der hat vor Jahren genau einen solchen Fisch gefangen, der mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf geht und er weiß sicher auch, wo so was möglich wäre…
Kevin Maddocks habe ich vor vielen Jahren mal auf einer Messe live erlebt, was eine tolle Erfahrung war – Spiderman kenn ich nur aus dem Fernsehen.
Wenn deine Angelei ein Song oder eine Musikrichtung wäre, welche wäre das dann?
Da hätte ich viele Antworten, aber als mittlerweile „alter Sack“ würde ich es neben meiner früheren großen Rap & HipHop Leidenschaft heute vermutlich eher mit ABBA halten: eine gute Mischung aus Power und Entspannung, sowie (zumindest teilweise) sinnvollen Texten.
Beim Angeln sollte man auch niemals zu lange auf den selben Pfaden trampeln. Bewährtes ist gut – kann manchmal aber auch noch mit kleinen Maßnahmen variiert und verbessert werden. Stillstand ist Rückschritt – wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
Ich habe 10 Jahre an exakt der selben Stelle am Kraftwerk des Teltowkanals geangelt – das waren mindestens 5 Jahre zuviel..
Heute liebe ich es, wenn etwas klappt, oder man etwas erreicht, von dem fast alle anderen vorher behauptet haben: “Das wird nichts“, oder „Das schaffst du nie“ - im Idealfall lautet meine heimliche Antwort dann „The winner takes it all…“ auch wenn, weiß Gott, nicht alle Ausflüge ans Wasser bei mir ein Happy End haben – irgendwas Nützliches kommt fast immer dabei heraus – auch wenn es manchmal nur winzige Erkenntnis-Mosaiksteinchen auf dem Weg zur eigenen Weiterentwicklung sind.
Was ist dir lieber - ein Szene-Gewässer mit Großfisch-Garantie oder doch lieber unbekannte Weiten ganz für dich alleine?
Auf jeden Fall unbekannte Weiten! Ich fische auch viel lieber in trübem Wasser, als in einem klaren See, wo man die Fische kommen sieht – oder auch, dass sie eben gerade nicht am Platz sind, ha, ha. Das Unbekannte, Überraschende hat für mich einen ganz besonderen Reiz. Mittlerweile vielleicht sogar den Größten, beim Angeln.
Was wäre denn, wenn man schon vorab wüsste, dass man am nächsten Dienstag, um Punkt 10:30h einen Biss bekommt, oder dass man die nächsten drei Tage blanken wird…
Welches Buch über's Angeln hast du als erstes und welches als letztes gelesen? Und wenn du ein Buch über das Angeln schreiben würdest, wie würdest du es nennen?
Mein erstes richtiges Karpfenbuch war „Karpfenfieber“ von Kevin Maddocks, in deutscher Übersetzung – schließlich wollte ich auch wissen, was drin steht… ;-)
Das letzte Buch war von Wulf Plickat: “Modernes Karpfenangeln“, ist aber auch schon ein ganzes Weilchen her.
Ein eigenes Buch ist schon lange geplant und wird auch irgendwann gemacht – aber die liebe Zeit…
Der Titel steht ziemlich fest, weshalb ich ihn hier verständlicher Weise nicht nennen werde – denn bis ich endlich soweit bin (vermutlich in Jahren), hat die Idee sonst vielleicht ein anderer umgesetzt…
Was ist dein wertvollster Besitz? Nicht zu verwechseln mit teuerster usw. ...
An vielen Tagen, oder besser Nächten, mein großes, grünes Mosquitonetz. Hätte es mir vielleicht schon 15 Jahre früher anschaffen sollen, dann wäre mir sicher so manche schlaflose Karpfennacht in ungeliebter Gesellschaft erspart geblieben – trotz zahlreicher Bisse…
Was ist deine schlechteste Angewohnheit am Wasser bzw. beim Angeln?
Ich sollte mich öfter mal zwischendurch bei der Familie melden, aber bis zum ersten Fisch bin ich da meist noch nicht wirklich entspannt. ;-)
Witzigste Geschichte die dir am Wasser oder beim Angeln passiert ist?
Oh, da gibt´s ´ne ganze Menge – aber lustig ist es ja meist erst hinterher…;-)
Es liegt jetzt schon ein paar Jahre zurück, als ich an der Havel einen absoluten Traumtag erwischte und an ein und demselben Angeltag sowohl einen Schuppie, als auch 2 schöne Spiegler fangen konnte – normal war dort eher so EIN Fisch auf 3 Ansitze…
Das Ganze geschah zur Anfangszeit der Digitalfotografie und die Speicherkarten waren noch nicht allzu groß. Meine Knipse war demzufolge schon ziemlich ausgelastet und ich bereits mehr als happy, als beim langsamen Einpacken, gegen Nachmittag, dann sogar noch ein weiterer Lauf auf meiner rund 150m entfernten Stelle erfolgte…
Zum Ende eines spannenden Drills stand ich bereits bis zu den Nippeln mit Wathose und Kescher im Wasser, als aus dem Hintergrund plötzlich die Stimme eines Spaziergängers krächzte: „Graser…?!“
Ich konnte es kaum fassen, dass mich nun ausgerechnet in dieser Minute jemand in meiner unscheinbaren, kleinen Schilfschneise beobachtete.
Tatsächlich landete weniger Augenblicke später mein allererster Graser aus diesem Gewässer in den Maschen und ich war super zufrieden und freute mich über diesen wahrhaft fantastischen Tagesabschluss!
Da ich die neugierigen Blicke aber weiter intensiv in meinem Nacken spürte, wollte ich sprichwörtlich kurzen Prozess machen, hakte den Fisch noch im Kescher ab und klemmte den Kescherstab kurzerhand unter der Sitzbank meines kleinen Schlauchbootes fest, um rasch ein paar Schritte rückwärts zu meinem Camp zu machen und die Kamera zu holen. Ihr ahnt, was kommt…
Bereits beim zweiten Schritt rückwärts durchs knietiefe Wasser, gab es einen mächtigen Schwall und meine stolze Beute verabschiedete sich - ohne sich überhaupt einer näheren Begutachtung unterzogen zu haben, in hollywoodreifer „Free-Willy-Manier“ mit einem beherzten Sprung direkt aus dem Kescher auf nimmer Wiedersehen!
Wie gewonnen, so zerronnen – aber es gibt wahrlich Schlimmeres und bereits im folgenden Jahr übertraf der nächste Havelgraser mit 20,2 kg meine kühnsten Erwartungen und ließ mich allen „Schmerz“ vergessen, ha, ha.
So, wünsch euch allen eine gute Zeit am Wasser und sag noch mal vielen Dank für das nette Gespräch.
René Hupe